Nachrichten aus dem Landkreis Osterholz
Haushalt vor die Wand gefahren
Die Linksfraktion im Kreistag hat dem Haushalt 2024 nicht zugestimmt. Für die völlig unzureichende finanzielle Ausstattung der Kommunen ist maßgeblich das Land und der Bund verantwortlich. Fraktionsvorsitzender Reinhard Seekamp kritisiert das in seiner Haushaltsrede.
Immer wieder haben wir in den vergangenen Jahren gefordert, dass Bund und Land die kommunale Ebene für die Umsetzung der Gesetze und Verordnungen, die dort beschlossen werden, in vollem Umfang ausstatten müssen.
Das fand hier wenig Resonanz angesichts sprudelnder Steuereinnahmen und erwartbarer Überschüsse. Überschüsse, die auf kommunaler Ebene allerdings dringend erforderlich waren und sind, um marode Infrastruktur zu modernisieren, in Schulen und Kitas, in Bildung und Ausbildung und vielen anderen Bereichen investieren zu können.
In diesem Jahr ist die Lage anders. Bund und Land haben die kommunalen Haushalte landes- und vermutlich bundesweit vor die Wand gefahren.
Landrat Lütjen hat dies – dank an dieser Stelle dafür – in der ersten Vorstellung des Haushalts im Finanzausschuss in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht.
Die Fehlbeträge in 2024 und in den Folgejahren sind auf kommunaler Ebene nicht mehr auszugleichen und verhindern spätestens ab 2025, wenn vom Land ein Haushaltssicherungskonzept verlangt werden wird, nahezu jeden Spielraum für die kommunale Selbstverwaltung. Schon jetzt können wir als Kommunalpolitik allenfalls über 4 bis 7 % des Haushalts entscheiden – alles andere sind von Bund und Land übertragene Pflichtaufgaben.
Jetzt kommt hinzu, dass es keinen beschlossenen Bundeshaushalt gibt, aber im Haushaltsentwurf hier sich an diversen Stellen der Hinweis findet, dass bisher angenommene Mittel vom Bund entweder wie in Vergangenheit oder wie bisher angekündigt fließen werden. Ob das eintritt, steht momentan in den Sternen. Insbesondere von Seiten der FDP wird hier an einer ganzen Reihe von notwendigen Sozialleistungen gesägt, um eine angebliche Haushaltslücke beim Bund in Höhe von 17 Milliarden Euro zu schließen. Das würde in ganz massivem Ausmaß wiederum die kommunale Ebene treffen, die einen großen Teil der sozialen Aufgaben umsetzen müssen. Zu nennen wären da z.B. die Kosten der Unterkunft. Ob wir uns da auf bisherige Zusagen des Bundes verlassen können – wer weiß das schon. Ebenso mit dem bisher zugesagten Mitteln für Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge. Ob und welche Förderprogramme zukünftig noch bestehen werden, auch das ist alles offen, aber ohne diese Programme sind viele kommunale Maßnahmen nicht zu finanzieren.
Dagegen müssen wir uns mit aller Entschiedenheit wehren. Und das gilt insbesondere auch für die Parteien, die an den Regierungen in Berlin und Hannover beteiligten sind. Es braucht hier einen Aufstand der kommunalen Ebene, auch und gerade innerhalb dieser Parteien. Die Verabschiedung einer Resolution ist da sicherlich nicht ausreichend, auch wenn sie in die richtige Richtung weist und wir dieser Resolution daher zustimmen werden.
Positiv möchten wir an dieser Stelle anmerken, dass wir es sehr begrüßen, dass die Verwaltung auch weiterhin an den geplanten großen Investitionen, wie BBS und Pflegeeinrichtung, festhält, und diese bisher nicht angesichts der Zahlen in Frage stellt. Ob das mit einem Haushaltssicherungskonzept im kommenden Jahr noch so ist, ist keineswegs sicher.
Bund und Land haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, das fehlende Geld zu beschaffen. Der Rechnungshof, das Umweltbundesamt u.a. haben eine ganze Reihe von Vorschlägen aufgezeigt, bei denen durch Streichung von Subventionen großen Milliardenbeträge eingespart oder eingenommen werden können. Ganz zu schweigen von den Einnahmen, die z.B. eine Finanztransaktionssteuer und auf Landesebene eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer für sehr hohe Einkommen bringen würden. Auch ein höherer Spitzensteuersatz wie zu Zeiten von Helmut Kohl, der sicherlich über jeden Verdacht eines sozialistischen Vorkämpfers erhaben ist, kann Lücken auf Bundesebene und in der Folge auch auf kommunaler Ebene schließen. Dafür müsste dann nicht einmal die Schuldenbremse aufgehoben werden. Das halten wir allerdings trotzdem für notwendig halten, weil diese Bremse zwar keine Schulden verhindert, wie das größte Aufrüstungsprogramm seit Jahrzehnten zeigt. Sie verhindert aber viele notwendige Investitionen in die Infrastruktur, in Bildung (was gerade wieder die neuen PISA-Zahlen belegen) und die Transformation zur Klimaneutralität.
Es kann nicht sein, dass wir hier heute und in den kommenden Jahren nur noch Haushalte beschließen können, die nur noch den Mangel verwaltet.
Wir sollten die Haushaltsberatungen aussetzen, zumindest bis sich der Bund auf einen Haushalt verständigt hat und belastbare Zahlen vorliegen, was von dort in den kommenden Jahren zu erwarten ist und wie sich Bund und Land eigentlich eine Lösung für die kommunale Ebene vorstellen.
Die zumindest vorläufige Weigerung, einen solchen Haushalt aufzustellen, wäre ein deutliches Zeichen, dass wir uns auf kommunaler Ebene nicht mehr damit abfinden, die Folgen von Entscheidungen in Berlin und Hannover allein auszubaden.
Die Kommunen brauchen eine sichere Finanzierung, um die Pflichtaufgaben zu erfüllen und die kommunale Selbstverwaltung zu erhalten. Bund und Land müssen eine sichere Finanzierung der Kommunen garantieren. Einen Haushalt zur Mangelverwaltung in einem der reichsten Länder der Welt lehnen wir ab.
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