Nachrichten aus dem Landkreis Osterholz

Hartz-IV-Sanktionen verletzen Menschenwürde

Warum werden Hartz-IV-Empfänger in vielen Jobcentern zu Bittstellern degradiert? Warum schickt man hochqualifizierte Fachkräfte in sinnlose Fortbildungen? Inge Hannemann berichtete auf Einladung der Osterholzer LINKEN. Auch im Landkreis Osterholz soll es demnächst eine Hartz-IV-Beratung geben.

Die Zahl der Zuschauer unterschied sich zwar deutlich von der, die Inge Hannemann mit ihren Auftritten in Fernseh-Talkshows erreicht. Doch die Gäste erhielten einen wesentlich tieferen Einblick in die Praxis von Job-Centern und die Folgen von Hartz IV. Die Osterholzer LINKE hatte die prominente Journalistin und Autorin ins Bocadillo in der Kreisstadt eingeladen.

Im Herbst wird das Bundesverfassungsgericht die Frage beantworten, ob der Hartz-IV-Regelsatz in Höhe von 424 Euro monatlich gekürzt werden darf, wenn ein Hilfeempfänger eine Pflichtverletzung begeht. „Der Regelsatz sichert das Existenzminimum. Das bei Regelverstößen weiter zu kürzen ist menschenverachtend“, urteilt Hannemann. Nach heutigen Zahlen werde jeder vierte Hartz-IV-Empfänger sanktioniert. Im Jahr 2017 waren knapp 420.000 Menschen zeitweilig von Sanktionen betroffen. Begründet wurden sie in 77 Prozent der Fälle damit, dass Arbeitslose unentschuldigt Termine versäumt hätten. Ihnen werden dann drei Monate lang zehn Prozent der Regelleistung abgezogen. Passiert das ein zweites Mal wird erneut um zehn Prozent gekürzt.

Hannemann wollte diese Sanktionspraxis nicht mehr mitmachen, „weil ich Menschlichkeit gepaart mit Sachverstand im Umgang mit Arbeitsuchenden angebrachter und wirkungsvoller fand als Sanktionen oder zu erfüllende Quoten“. Diese Einstellung sollte ihr 2013 nach sieben Jahren Arbeit im Jobcenter den Job kosten.

Fortan unterstützt sie Betroffene, half einer Mitarbeiterin bei der proarbeit des Landkreises, sich sich ebenfalls gegen die Sanktionspraxis zur Wehr setzte, und brachte das Thema Hartz IV und die Folgen als Abgeordnete der LINKEN in die Hamburger Bürgerschaft. Mit ihren Kenntnissen will sie auch die Initiative der Osterholzer LINKEN unterstützen, die eine Hartz-IV-Beratung im Landkreis anbieten will. Hannemann, die heute in Lüneburg lebt, sagt aber auch, dass nicht die Jobcenter oder die Optionskommunen die wirklichen Gegner sind. „Die Agenda 2010 ist die Ursache dieses Skandals“, ist sich Hannemann sicher. Und auch die geplanten Überarbeitungen würden das nicht beseitigen können. Sie hält es für einen Etikettenschwindel, wenn die SPD in der Großen Koalition aus der Agenda 2010 eine Sozialstaatsreform 2025 und aus Hartz IV das Bürgergeld machen wolle, sagt die Sozialpolitikerin.

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